Séjour linguistique Carthagène Témoignage de Nadine
Témoignage
juillet, 2024 | Nadine
Es ist so weit – nach monatelangem Planen und verzweifelten Versuchen, mehr als nur „Hola“ und „¿Dónde está el baño?“ auf Spanisch zu lernen, steige ich endlich ins Flugzeug nach Cartagena. Eine Stadt, die so lebendig, bunt und temperamentvoll sein soll wie eine Salsa-Party. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch, das irgendwo zwischen Vorfreude und Nervosität schwebt, stelle ich mir vor, wie es wohl sein wird, in einer Gastfamilie zu leben, neue Menschen kennenzulernen und überall Spanisch zu sprechen. Oh Gott – Spanisch sprechen! Mein Kopf ist eine Mischung aus losen Vokabeln und Grammatikregeln. Wie Puzzle-Teile. Reicht das? Wahrscheinlich nicht. Aber hey, das wird schon irgendwie!
HUPEN SCHEINT HIER DIE INOFFIZIELLE LANDESSPRACHE ZU SEIN
Die feucht-heisse Luft trifft mich wie eine Wand – willkommen in den Tropen! Der Flughafen ist klein, doch die Menschen strahlen eine Wärme aus, die mich sofort beruhigt. Ich schnappe meinen Koffer und mache mich auf den Weg zum Taxistand. „Hola, ¿Eres Nadine?“ Juan, mein Taxifahrer, steht da mit einem breiten Grinsen und einem Schild, auf dem mein Name halbwegs korrekt geschrieben ist. Die Fahrt zur Gastfamilie ist eine Achterbahn voller Eindrücke. Während wir durch die Strassen heizen, erzählt mir Juan enthusiastisch über seine Stadt. Ich versuche, mit meinem brüchigen Spanisch zu antworten. Meine Stirn glüht - nicht nur wegen der Hitze. Ich konzentriere mich, ein halbwegs sinnvolles Gespräch zu führen. Der Verkehr in Cartagena hat scheinbar seine ganz eigenen Regeln – oder eher keine. Mopeds, Autos, Busse und Velos drängeln sich durch die engen Gassen. Hupen scheint die inoffizielle Landessprache zu sein. Cartagena ist ein bunter Flickenteppich aus kolonialer Architektur, Graffiti-Kunst und palmengesäumten Plätzen. Es sieht so aus, als würde hier jeder Moment des Lebens gefeiert. Ich bin beeindruckt. Und überwältigt.
AREPAS UND STARKER, SÜSSER KAFFEE ZUM FRÜHSTÜCK
Meine Gastfamilie ist eine herzliche, laut redende und noch lauter lachende Familie. Maria, meine Gastmutter, begrüsst mich so herzlich, dass ich fast vergesse, wie schlecht mein Spanisch wirklich ist. Während sie mir mein Zimmer zeigt und mir schnell die Hausregeln erklärt, nicke ich enthusiastisch. Ehrlich gesagt, ich verstehe vielleicht ein Viertel von dem, was sie sagt, aber ich will nicht unhöflich wirken. „Claro, claro!“ antworte ich, in der Hoffnung, dass ich nichts Wichtiges verpasse. Zur Familie gehören Maria, ihr Mann Pedro und ihre zwei Kinder, Carolina und Felipe, die alle genauso temperamentvoll und herzlich sind, wie ich es mir erträumt habe. Und sie sprechen KEIN Wort Englisch. Wir verständigen uns mit einem lebhaften Mix aus Händen und Füssen. Beim Frühstück, das aus „arepas“ (köstliche Maisfladen) und einem starken, süssen Kaffee besteht, habe ich das Gefühl, in einer Fernsehserie gelandet zu sein, die ich nicht verstehe, aber irgendwie faszinierend finde. Es wird viel gelacht und ich lache mit – aus Höflichkeit und weil ich manchmal einfach nicht weiss, was ich sonst tun soll.
HIER WIRD SPANISCH GESPROCHEN, BASTA!
Der grosse Tag ist gekommen – mein erster Schultag im Centro Catalina. Die Sprachschule liegt mitten in der Altstadt von Cartagena, und schon der Weg dorthin ist ein Erlebnis. Bunte Kolonialhäuser, Blumen, die von den Balkonen ranken, und Strassenmusiker, die das Kopfsteinpflaster mit Rhythmen füllen. Strassenhändler verkaufen frisches Obst. Frauen in bunten Kleidern, die „Palenqueras“, balancieren Körbe mit Früchten auf dem Kopf. Ich verfalle in den typischen „Ich sehe aus wie ein Tourist und bin verloren“-Modus. Eine ältere Dame deutet in die richtige Richtung und sagt etwas auf Spanisch, das so schnell geht, dass mein Gehirn es nur als „Naja, du kommst da schon hin“ übersetzt. Im Centro Catalina werde ich herzlich empfangen. Die Schule ist klein und familiär. Die Klassenzimmer rund um einen Patio angelegt. Tropische Pflanzen. Bunte Wandbemalungen. Mittendrin: Eine Bar für Lunch oder Kaffee. Meine Lehrerin, Sofia, ist jung, fröhlich und spricht ausschliesslich Spanisch. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das gut oder erschreckend finde, aber ich habe keine Wahl – hier wird Spanisch gesprochen, basta! Meine Mitschüler sind eine bunte Mischung aus aller Welt. Emily, eine Surferin aus Kalifornien, spricht so gut wie kein Spanisch. Paul aus Deutschland redet einfach drauflos wie ein Wasserfall. Sofias Geduld scheint grenzenlos. Sie schafft es, aus uns eine halbwegs funktionierende Lerngemeinschaft zu machen. Der Unterricht macht Spass, auch wenn mein Gehirn am Ende des Tages matschig ist vor lauter neuen Vokabeln und Konjugationen.
EIN RIESIGER KITE IN DEN HÄNDEN UND EIN MULMIGES GEFÜHL IM BAUCH
Cartagena ist bekannt für seine perfekten Windverhältnisse, und wir beschliessen, uns in einem Kite-Surf-Kurs anzumelden. Gesagt, getan – wir stehen am Strand, mit einem riesigen Kite in den Händen und einem mulmigen Gefühl im Bauch. Alejandro, unser Lehrer, ist ein typischer Surfer - entspannt und braungebrannt erklärt er, wie man das Board und den Drachen bändigt. „Es fácil“, versichert er uns. Wir lernen, den Kite in die Luft zu bekommen und zu steuern. Marschieren mit dem Kite den Strand entlang, und versuchen den Schirm in der richtigen Position zu halten. Hört sich alles recht banal an, ist aber deutlich schwieriger als man denkt. Und wer glaubt, dass man sich jetzt nur noch das Board schnappen muss, um über die Wellen zu brettern, liegt falsch. Erstmal halte ich mich bei Alejandro am Gurt fest. Wir lassen uns gemeinsam durchs Wasser ziehen - ohne Board - um das Gefühl für den Kite zu bekommen. Schnitt: Ich liege im Wasser, während mein Drachen in alle Himmelsrichtungen zieht, ausser der, in die ich will. Der erste Versuch endet mit einem spektakulären Bauchklatscher. Ich muss mein Bestes geben, um den Kite wieder aufzurichten. Rückwärts strampelnd, entgegengesetzt zum Wind und den Wellen muss Spannung auf die Führungsleinen. Eine Stunde später schaffe ich es, für ein paar Sekunden auf dem Board zu stehen. Das reicht, um mich wie eine echte Kitesurf-Queen zu fühlen. Die Sonne glitzert auf den Wellen. Erschöpft, aber glücklich liegen wir im Sand und lachen über unsere unzähligen Stürze. Irgendwie fühlt es sich gut an, gemeinsam durch dieses Abenteuer zu gehen.
CARTAGENA, DU ÜBERTREIBST ES, ABER ICH LIEBE ES!
Jeder kennt das Gefühl, wenn man in einen Ort kommt und sofort weiss: Hier bleib ich. Hier bin ich richtig. Cartagena ist ja ohnehin eine Stadt voller Farben, Klänge und Gerüche, aber dieser Ort? Die warme Brise und ein Himmel, der aussieht, als hätte ein Kind mit zu viel Rot und Orange gemalt. Wir sitzen auf der alten Stadtmauer direkt am Meer. „Wann geht die Sonne eigentlich unter?“, fragt Paul. Unsere Handys vibrieren im Chor. Irgendwann zwischen „Gleich!“ und „Verdammt, schon vorbei?“ Wir lachen, quatschen über unseren Spanischkurs (wie wir es schaffen, dass unsere Lehrerin uns weiterhin für intelligent hält), und geniessen einfach die Show am Himmel. Die Sonne verabschiedet sich wie eine Diva. Erst schüchtern und dann BAM! – ein Farbenrausch. Der Himmel verwandelt sich in ein orange-rotes Inferno und das Meer beginnt, dieses magische Dunkelblau anzunehmen. Cartagena, du übertreibst es, aber ich liebe es! Also, falls du jemals in Cartagena bist und dich fragst, wo du den perfekten Sonnenuntergang erleben kannst – geh ins Café del Mar. Bestell dir einen Drink, setz dich auf die Mauer und lass dich einfach überwältigen. Später feiern wir an der Plaza de la Trinidad, trinken kolumbianisches Bier und „Aguardiente“ (Vorsicht, das Zeug brennt!) und lauschen den Live-Bands. Salsa, Reggaeton - Hier lerne ich, dass man nicht perfekt Spanisch sprechen muss, um sich zu verständigen. Ein Lächeln und ein paar Tanzschritte tun es auch.
SOLLTE ICH EINFACH HIERBLEIBEN UND EINE STRANDBAR ERÖFFNEN?
Am Samstagmorgen treffen wir uns am Hafen. Bereits um acht Uhr, was für uns alle gefühlt Mitternacht ist. Der Plan? Zwei Tage auf den Islas del Rosario. Schnorcheln, Schwimmen, Sonne tanken. Ich schaue auf das Boot, das uns zu den Inseln bringen soll. Es sieht aus, als hätte es in den 80ern seine besten Tage gehabt, aber was soll's – Hauptsache, es schwimmt. Der Motor heult auf und die Skyline verschwindet im Dunst. Wir stehen wie Jack und Rose bei Titanic am Bug mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Die Realität holt uns ein, als das Boot zu hüpfen beginnt. Nicht sanftes Schaukeln, sondern eher „Achterbahn auf dem Wasser“-Style. Nach einer guten Stunde tauchen die Islas del Rosario am Horizont auf. Das Wasser wird immer türkisfarbener, der Himmel strahlt in einem surrealen Blau. Wow. Einfach wow. Der Strand sieht aus, als hätte jemand Zucker darüber gestreut. Und das Meer? Glasklar. Mit Taucherbrille und Flossen bewaffnet, springen wir ins Wasser. Ein Traum. Bunte Fische, Korallen und – war das gerade eine Schildkröte? Ich versuche, cool zu bleiben, aber innerlich schreie ich: "Schildkröte! Ich schnorchle mit einer verdammten Schildkröte!" Wir legen uns in den weichen Sand. Jeder von uns eine Kokosnuss in der Hand, die man frisch vom Baum bekommt. Reggae-Sound im Hintergrund. "Sollte ich einfach hierbleiben und eine Strandbar eröffnen?" Am Abend beziehen wir unsere Hütten – schlicht, aber gemütlich. Kein Luxus, aber wer braucht das schon, wenn man vor der Tür einen Privatstrand hat? Wir grillen Fisch und beobachteten den Sonnenuntergang. Als die Nacht hereinbricht, starren wir in den klaren Sternenhimmel. Ich habe selten so viele Sterne gesehen. Das Geräusch der Wellen und der sanfte Wind in den Palmenblättern lassen die Zeit stillstehen.
Cartagena hat mir gezeigt, was es bedeutet, das Leben in vollen Zügen zu geniessen – mit all seinen Farben, Melodien und Geschmäckern. Wir haben gelacht und gelernt. Sonne getankt und Subjuntivos konjugiert. Mehr Erinnerungen gesammelt, als man in ein Fotoalbum packen könnte. Manchmal braucht man im Leben genau so eine Auszeit.
Tags: Adultes, Carthagène, Centro Catalina Spanish School Cartagena, Colombie, Espagnol
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