Sprachaufenthalt San Diego Erfahrungsbericht von Lars
Erfahrungsbericht
Oktober, 2022 | Lars
Ich stehe vor dem braunen Holzhaus mit abgeschrägtem Flachdach. Es ist schon in die Jahre gekommen. Im Garten weht eine riesige US-Flagge. Kakteen, Palmen und Aloe Vera. Josie läuft mir entgegen. Die Arme offen und ein breites Lachen auf dem Gesicht. Meine Hostmum ist eine freundliche Dame im Rentenalter mit mexikanischen Wurzeln. Hinter ihr meine beiden Hostbrother: Maxi aus Spanien und Narumi aus Japan. Wir verstehen uns auf Anhieb. Hier in San Diego mache ich mein Advanced-Diplom.
Zwei Stunden später sitzen wir in einem chinesischen All You Can Eat. «Am Tag ihrer Ankunft esse ich mit meinen Hostkids immer hier. Mein Aufnahmeritual», sagt Josie und lacht laut auf. Ihre Familie ist, wie sie, tief mit dem amerikanischen Militär verbunden. Stolze US-Bürger.
Die ersten Nächte verbringe ich dick eingemummelt mit Wollsocken. Zugegeben: Das Haus habe ich mir anders vorgestellt. Grösser. Moderner.
«Cool as a Cucumber»
Rührei, Speck und buttrige Waffeln. Jeden Morgen vor der Schule bereitet uns Josie ein köstliches Frühstück zu. Danach geht’s mit der Strassenbahn an die EC San Diego.
Der Vorbereitungskurs fürs Advanced ist tough. Keine Handys im Unterricht. Absolute Konzentration. Vor dem Wochenende erlaubt uns unsere Lehrerin Sarah aber meistens ein paar lockere «Chat-Pausen». Wir erfahren mehr über den Latino-Einfluss in Kalifornien. Lernen Redewendungen und witzige Sprüche. «Cool as a Cucumber» und «No Way Jose!» mag ich am besten. Akio zeigt mir an einem Freitagnachmittag, wie man meinen Namen auf Japanisch schreibt. Die Klasse ist bunt durchmischt wie San Diego selbst.
Surfen, Partys und Taco-Tuesday
Mit Narumi und Maxis Clique surfe ich an den unzähligen Stränden und beobachte goldene Sonnenuntergänge. Zu elft feiern wir Partys im angrenzenden Tijuana in Mexiko oder spielen Basketball in Downtown. Dienstags ist hier «Taco-Tuesday». Tacos mit allen möglichen Beilagen für nur einen Dollar! Am liebsten esse ich sie mit Senf. Damit schmeckt hier alles noch ein bisschen besser. Hostmum Josie nennt mich deswegen nur noch «Captain Mustard».
Ihr Bruder Smiley (er heisst wirklich so) nimmt mich oft zum Fischen mit. Oder an College-Basketball-Spiele der San Diego State University. Auch seinen Geburtstag feiern wir zusammen in seinem Haus. Josie versichert uns am Abend zuvor, dass es «gleich um die Ecke» liegt. Nach 3.5 Stunden Autofahrt sind wir kurz vor dem Ziel. Erst da werden mir Kaliforniens Weiten bewusst. Das mangelnde Gefühl der Einwohner für Distanzen auch. Ich schmunzle.
Wo die Schweiz liegt, weiss auch niemand. Meistens wird sie mit Schweden verwechselt. Einem Uber-Driver erkläre ich während der Fahrt einmal: «Roger Federer … Chocolate … Cheese…you know! Not Sweden. That’s ABBA!» Er staunt, als er erfährt, dass ich nicht von hier bin. Das liegt am Lifestyle: täglich Sonne und blauer Himmel. Palmen und den türkisenen Pazifik vor der Haustür. Der kreativen Energie hier kann man sich einfach nicht entziehen. Sogar den Slang übernehme ich.
6 Flaschen Senf und eine US-Flagge für Captain Mustard
Drei Tage vor meinem Rückflug nach Zürich halte ich mein Advanced Diplom in der Hand. Im Austrittstest der Schule erreiche ich die volle Punktzahl. Josies charakteristisches Lachen und das braune Holzhaus mit schrägem Flachdach fehlen mir jetzt schon.
Bevor ich sie in Richtung Flughafen verlasse, drückt sie mir eine grosse Papiertüte in die Hand. Am Gate öffne ich sie. Drin liegen sechs Flaschen meines Lieblingssenfs und eine riesige US-Flagge. «Cool as a Cucumber», sage ich mir und lache.
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